Was darf man in Deutschland noch sagen? Tatsächlich geht hier vieles. »Parkplatzschwein« zum Beispiel: potenziell legal. In zehn Schritten zum Beleidigungsprofi ohne Strafverfahren.
Ich muss sagen, ich finde den Straftatbestand der Beleidigung echt schwierig.
Viele Aussagen, die juristisch unter Beleidigung fallen, sind in der Alltagssprache komplett normal und würden niemanden "entehren". Wichser, Arschloch, etc. Dafür ein Gericht zu involvieren - und dann auch noch Recht zu bekommen - ist vom Vibe her nur Millimeter von "der Lehrerin sagen gehen" entfernt. Ein kindisches Verhalten, das vom archaischen Ehrenverständnis eines kleinbürgerlichen Gesetzbuches auch noch gestützt wird.
Ich dachte früher auch so, aber es sollte eben nicht die Norm sein, dass Leute mit solchen Begriffen um sich werfen.
Natürlich ist das in Freundeskreisen manchmal die Norm (Bei mir auch nicht), aber Lehrer zum Beispiel sollten sich soetwas von Eltern nicht anhören müssen. Genausowenig Polizisten, die nur ihre Arbeit machen und ein Ticket für Zuschnellfahren verteilen. Oder ein Fußgänger, weil er "zu langsam" über den Zebrastreifen geht. Das ist einfach eine Verrohung des gesellschaftlichen Lebens.
Vielleicht bist du so abgebrüht, aber mir tut es schon weh, beschimpft zu werden. Genauso, wie ein leichet Schlag schmerzt, auch wenn kein sichtbarer bleibender Schaden entsteht.
Mir geht es eher darum, dass nicht alles, was man nicht gut findet sofort eine Straftat sein sollte.
Allein die Tatsache, dass man durch eine reine sprachliche Spielerei (siehe Artikel) eine Beleidigung im juristischen Sinne abwenden kann, zeigt doch, dass es hier nicht um den Inhalt, sondern den Stil geht.
Wurde damals unter Strafe gestellt als Duelle verboten wurden.
Es steht dir weiterhin frei auf eine Beleidigung mit "Sie erscheinen mir nicht satisfaktionsfähig" zu antworten und von einer Anzeige abzusehen. Das gehört halt auch zum Ehrverstàndnis.
Mir geht's eher um den andere Richtung. Jemand kann aus dir aus relativ harmlosen Bemerkungen eine Beleidigung reindrehen. Und ob das dann "wirklich" eine Beleidigung ist, hängt hauptsächlich davon ab, ob der richtige vor der Verhandlung noch was gegessen hat (im Übrigen kein Witz, gibt Studien dazu).
Wenn mich ein fremder unberechtigt Wichser nennt, fände ich es von meinem persönlichen Gerechtigkeitsempfinden völlig ok ihm eine runter zu hauen. Darf ich aber nicht. Vielleicht kann wäre es auch unklug, weil er ein 2 Meter Bodybuilder ist, im Kreise seiner Bros. Also zeig ich ihn halt an. Ist doch besser als den Schwanz einzuziehen.
Zum einen wissen wir beide, dass das ein absurdes Beispiel ist.
Zum anderen ist doch hier das eigentliche Armutszeugnis, das "Wichser" und "eine reinhauen" für dich gleichwertig sind. Wie oft haben dir Worte denn bitte den Kiefer gebrochen? Und musstest du schon mal wegen Worten ins Krankenhaus? Weil jemand dich Wichser genannt hat?
Das realistische Beispiel ist doch eher der Assi, der mit seinem Verbrenner direkt auf dem einzigen E-Autoladeplatz an der Autobahnraststätte parkt obwohl noch viele andere frei sind (aber halt nicht direkt neben der Eingangstüre), und auf sein Verhalten angesprochen einen dümmlich angrinst und “Verklag mich doch" sagt, aber komplett ausrastet wenn man ihn gerechtfertigterweise dann Arschloch nennt.
Eine Meinung kann man auch ohne Beleidigung äußern. Meinungen geben primär die eigenen Haltungen, Ansichten, Wertungen u.ä. wieder, während Beleidigungen primär darauf abzielen jemandem weh zu tun.
Dass Beleidigung strafbar ist, halte ich daher für sinnvoll. Wir wollen ja auch nicht, dass man einfach so Leute physisch ohrfeigen kann. Für eine zivile Gesellschaft, in der Vernunft dominieren sollte, ist das unangebracht.
Ich finde aber auch gut, wie die Gerichte hierzulande versuchen eine faire Balance zu finden. Auch, wenn es beleidigend wirken kann, ist es manchmal doch im Sinne öffentlicher Kritik wichtig betonen zu können, wenn sich jemand wie ein Faschist oder 1 Pimmel verhält, um die Schwere der Situation im Anbetracht der eigenen Meinung widerspiegeln zu können.
Gibt's den Artikel auch ohne paywall?
EDIT: Ja, da ist schon längst ein Link, ich war nur zu doof ihn zu finden.
Ich glaube ich werde die nächsten 4 Jahre oft in Versuchung kommen, den ein oder anderen Politiker zu beleidigen, aber eine Hausdurchsuchung und Strafanzeige muss dann doch nicht sein.
Die rechtssichere Beleidigung hilft dir aber wenig, wenn im Zweifel erst einfach mal durchsucht wird und die Illegalität der Maßnahme dann reumütig im Nachhinein festgestellt wird 🙁