Meiner Erfahrung nach sind die meisten Jugendliche nicht besonders interessiert und informiert wenn es um Politik geht (zumindest vor ein paar Jahren).
2021 haben die meisten Jugendlichen die ersten politischen Nachrichten mitverfolgt, als der Klimawandel und die entsprechenden Demos so groß wie noch nie waren. Ich glaube, dass dadurch viele Jugendliche von tatsächlich Politikinteressierten Mitschülern, sowie der Presse, und den sozialen Medien, stark beeinflusst wurden, was das Bewusstsein zum Thema Klimawandel angeht.
Meine These: Jetzt wurden die Grünen über die letzten Jahren für vieles (alles?) (mit-)verantwortlich gemacht, und Klimawandel ist nicht mehr Thema Nummer 1 (mM.: leider). Tiktok (und andere sozialen Medien) ist riesig, und die AfD ist dort populär, dementsprechend ist die Zustimmung groß. Das gleiche gilt für die Linke, die in den letzten Wochen/Monaten einen grandiosen Wahlkampf gemacht hat.
Ich würde behaupten, das gilt so für alle Altersgruppen. Wir sind weit weniger rational als wir uns oft einreden. Früher gab es eben nur mehr Stammwahl, weil "den kenn ich aus dem Kegelclub". Aber die Leute lesen doch nicht die Wahlprogramme und legen da irgendwelche Statista Grafiken daneben. Die wählen, was zu ihrem emotionalen Weltbild passt.
Es wäre dringend nötig, dass die Parteien das endlich besser verstehen. Die AFD ist ja vor allem wegen ihres gekonnten Umgangs mit Emotionen erfolgreich. Wo sind die progressiven Gegenstimmen, die einen anderen Weg gehen als irgendwelche Weidel Zitate fünf Tage später zu factchecken?
Deshalb bin ich sehr froh über Heidi Reichinnek, die das deutlich besser macht als viele andere.
2021 gab es doch kaum noch Klimademos wegen der Coronaauflagen. Und bis auf die Flut im Ahrtal war v.a. Corona das Thema.
Da haben sich die Grünen auch bei vielen jungen Menschen einen riesen-Bock geschossen als Kretschmann meinte, die Studierenden hätten keinen Grund wegen Corona depressiv zu sein. Schließlich war seine Studienzeit vor 30 Jahren die beste Zeit seines Lebens. Noch deutlicher könnte man die Verachtung der Boomer für die Jugend kaum formulieren.
Neben der AfD konnte v.a. die FDP in der Zeit noch so tun, als sei an den Problemen junger Menschen interessiert, weil sie ständig von Digitalisierung und Bildung geredet hat, was natürlich nur Nebelkerzen waren.
Als Regierungspartei sind die Grünen nun mal auch mitverantwortlich an den Regierungsentscheidungen. Und es sollte doch sehr bezeichnend sein, dass sich die Bundes- und mehrere Landesvorstände der Grünen Jugend letztes Jahr sich ganz aus der Partei verabschiedet haben, weil sie mit ihren Anliegen bei der Partei überhaupt nicht gehört wurden.
Die Grünen haben halt auch gepflegt auf die jungen Leute geschissen, die durch die Klimaproteste politisiert wurden. Dass von denen nur noch wenige Grüne wählen wollen, ist mehr als verständlich.
Die, die sowieso links sind, sind jetzt zu den Linken übergewandert, vermutlich auch wegen der Migrationsdebatte, in der Habeck sich auch eher rechts äußert und nur die Linken eine Kooperation mit Merz klar ausschließen. Dass die Grünen an der Regierung beteiligt sind, ist sicher auch ein Punkt, und, dass deren Politik natürlich nicht so sehr wie erhofft ihren Positionen folgen konnte.
Außerdem ist, wie @Chewy7324@discuss.tchncs.de schon meint, einfach das Bewusstsein von Klimaschutz viel niedriger als 2021 (oder sogar 2018), wodurch dieser Markenkern auch etwas in den Hintergrund gerät.
Ich würde noch den Ausmarsch von Zarenknecht in den Raum werfen. Die offensichtliche Anbiederung an einen Aggressor hat vermutlich einige potentielle Wähler abgeschreckt.
Naja, die Linke kann als ewige Opposition viel fordern und viel kritisieren. Das ist schon eine sehr komfortable Situation. Die AfD profitiert ja ähnlich.