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Rammstein-Fans im Zeitgeist: Die Verwahrlosten

Ich bin mal gespannt auf Meinungen zu diesem Artikel, mit dem ich persönlich ein Thema habe.

Ich meine, das Sprichwort "Where there's smoke, there is fire" wird auch hier zutreffen und an den Vorwürfen gegen Til Lindemann wird am Ende was dran sein, ich glaube nicht, dass die Menschen, die ihre Geschichten öffentlich gemacht haben, lügen.

Gleichzeitig finde ich es verwerflich, wenn Artikel wie dieser hier direkt alle, die auf z.B. Gerichtsverfahren warten, bis sie Vorwürfen Taten folgen lassen, statt der Medienberichterstattung blind hinterher zu springen. sehr direkt in die "AfD-Wähler" und "Klimaleugner"-Ecke stellen. Vor einigen Monaten wäre da noch ein Hinweis auf Impfgegner und Maskenverweigerer mit drin gewesen.

Hier wird alles was man "falsch" findet auf den selben Typ Mensch heruntergebrochen und damit eine Ablehnung desselben legitimiert. "Der hat noch ein Rammstein-Lied in der Playlist? Der wählt doch AfD!"

Ich finde den Trend, öffentliche Verurteilungen auf Medienberichte zu stützen, sehr bedenklich. Gerade, nachdem der Spiegel gegen Rammstein ja scheinbar eine Klatsche vor Gericht kassiert hat, weil die angeblich bestehenden Quellen in diesem Prozess irgendwie verpufft sind. Jedenfalls ging das aus den Auszügen hervor, die ich vom Unterlassungsurteil aus Hamburg gelesen habe.

Ich finde tatsächlich, dass wir sorgfältiger sein sollten, als "Der Spiegel hat geschrieben, dass jemand gesagt hat, dass wer anderes was schlimmes gemacht hat, also ist jeder ein ewig gestriger Klimaverweigerer, der nicht sofort alles blockt und stoppt, was dieser andere so macht und wer 'Beweise' abwartet, ist eigentlich mehr so ein Verschwörungstheoretiker". Das macht das selbe, was wir auf der rechten Seite beobachten: Es schafft ein vermeintlich monolithisches Feindbild, gegen das vorzugehen man jedes Recht habe. Dabei fliegt so etwas wie die Unschuldsvermutung oder die Beweislast einfach aus dem Fenster.

48 comments
  • Zwischen “die Vorwürfe sind passiert” und einer “Verurteilung” liegen Welten - bei den wenigsten Promis folgen wegen Missbräuche tatsächlich Urteile (häufig kaufen sich Promis durch Vergleiche frei).

    Letztlich würde ich für mich sagen, dass es völlig egal ist wie weit der Missbrauch ging - ich möchte solchen Personen keine Bühne, geschweige denn Geld für Konzerte oder sonstiges geben.

    • Ich war nie ein riesiger Rammsteinfan, aber es gab einige Songs und Alben, die ich mochte, "in stillen Nächten" liegt als Buch bei mir vor. (Von dem ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht war, so meisterhaft lyrisch wie ich es erwartet habe ist es nun wirklich nicht...) Aber... ja, ich kann auch die Songs momentan nicht mehr hören, selbst wenn ich wollte. Bei der langen Bandgeschichte und bei den Vorwürfen können die keine Unschuldslämmer sein. Dass es Groupies gibt, klar, davon konnte man ausgehen. Abgesehen von den Missbrauchsvorwürfen finde ich aber auch schon dieses ganze systematische "Rekrutieren" ekelhaft genug, dass... ich denen keine Aufmerksamkeit mehr geben werde. Nee.

    • Du kannst dich im Strafrecht nicht durch einen Vergleich freikaufen. Vergleiche gibt es nur im Zivilrecht.

      • Wenn Aussagen zurückgezogen werden, warum auch immer, versandet sowas auch ohne "Vergleich".
        Im Sachsensumpf beispielsweise war's gar die sächsische Staatswinkeladvokatenschaft höchst selbst, die minderjährig zwangsprostituierte Frauen durch Verleumdungsklagen mundtot zu machen suchte, um irgendwelche Kinderschänder in Amt und Würden zu schützen.

    • Ich war mindestens 10 Jahre Fan der Musik und habe mir letztes Jahr zum ersten mal Karten für ein Konzert der Band gekauft.
      Meiner Meinung nach ist das was Till Lindemann da gemacht hat absolut widerlich und ein Ausnutzen seiner Machtposition gegenüber Fans die ihn verehrt haben aber ich glaube kaum dass da etwas wirklich strafrechtlich relevantes bei gewesen ist.
      Darüber diskutieren muss man aber unbedingt trotzdem - erst recht wenn ich Kommentare lese dass das anscheinend bei vielen Künstlern so üblich ist mit der "Row Zero" und dass es erst vor 2 Jahren einen Aufschrei bzgl. "#DeutschrapMeToo" gab was aber irgendwie total schnell wieder aus dem Fokus geraten ist.
      mMn hatte die Band vermutlich "einfach Pech" dass es sich nun an ihnen aufhängt und nicht an anderen Künstlern - vermutlich weil man sich mit dem ständigen Provizieren einfach zu viele Feinde gemacht hatte.

      Was ich an der Sache nur problematisch finde ist diese extreme Polarisierung.
      Auf der einen Seite die Leute die Lindemann lieber heute als morgen hinter Gittern sehen wollen und bei den Fans streiten doch von dem was ich mit bekommen habe enorm viele ALLES ab und behaupten die Frauen hätten sich das für Aufmerksamkeit ausgedacht und die Leute die da vor den Konzerten protestieren "seien doch nur neidisch" (wirklich so gehört).

      Ich meine am Ende ist es ja auch nur eine Spiegelung der Gesellschaft die ja auch immer polarisierter wird aber ich fand es doch sehr erschreckend für wie viele Leute zwischen Schwarz und Weiß keine Graubereiche existieren können - insbesondere bei so einer Band die doch quasi die Definition von Ausloten des Graubereich ist.

  • Der Spiegel hat keine Klatsche vom Gericht bekommen. Das ist einfach Populismus von Idioten aus dem Rammstein-Fan-Lager. Dem Spiegel wurde in großen Teilen recht gegeben und das ganze Urteil ist noch nicht mal rechtskräftig. Der einzige Punkt, an dem der Spiegel verloren hat, war die Aussage über den Einsatz von KO-Tropfen. Das ist nämlich das einzige, was die Anwälte als ausnahmslos Unwahr anklagen.

    Dazu kommt auch, dass gefühlt alle die "Unschuldsvermutung" schreien nicht mal die Bedeutung des Wortes verstehen.

    • "Der einzige Punkt" spielt mir in diesem Zusammenhang aber etwas wichtiges herunter: Der Spiegel hat sich - egal, wie bewusst - wohl zu weit aus dem Fenster gelehnt und jemandem eine Straftat angetitelt, während ein Gericht hier nicht einmal die nötigen Beweise für eine Berichterstattung gegeben sah. Die Hürde hierfür ist ja wesentlich geringer als für eine echte Verurteilung. Das ist in meinen Augen durchaus eine Klatsche, weil journalistisch höchst bedenklich.

      Das anzukreiden ist in meinen Augen legitim. Sehr sogar. Wenn wir mit der selben Logik herangehen, die gegen Rammstein verwendet wird (und die wahrscheinlich auch richtig ist in dem Fall): Wenn die darüber so bröckelige Quellen haben bevor sie berichten, wo haben sie das noch und sind damit durchgekommen?

      Mein Thema ist ja, dass der Artikel sich hier verbittet, die durch Medienberichterstattung angezeigten Übergriffe/Verbrechen zögerlich zu betrachten, während die Publikation, die hier die Führungsrolle eingenommen hat, gerade gemaßregelt wurde, weil sie Dinge nicht belegen konnten, die sie geschrieben haben. Der Tonus des Artikels ist ja "Also wenn es eine öffentliche Anklage gibt, muss man dem entsprechenden Künstler schon mindestens fernbleiben, sonst ist man 'emotional verwahrlost'. Ich bin weit entfernt, hier Lügenpresse zu brüllen oder gar die Menschen, die an die Öffentlichkeit gegangen sind, des Lügens zu bezichtigen.

      Gleichzeitig gibt es natürlich den Kern derer, der sich gar nicht belehren lassen will über die eigene Lieblingsband. Aber der unverhohlene Absolutismus dieses Artikels stößt mir sauer auf.

      Dass das "Aber die können ja gar nichts falsch gemacht haben"-Realitätsverweigerern Munition gibt ist schon "Klatsche" genug.

    • Der Spiegel hat sehr wohl eine klatsche bekommen. Die Anforderungen für eine Verdachts-Berichterstattung waren nicht erfüllt. Große Teile des Artikels müssten gelöscht bzw. bearbeitet werden. Kannst dir ja gerne die Presseerklärung von Lindemanns Kanzlei dazu durchlesen

      • Lindemanns Kanzlei ist wohl kaum eine objektive Quelle.

        Und sie haben ihre Statements schon mehrfach korrigiert, und widersprüchliche Aussagen zum Umgang mit der Berichterstattung getätigt. Etwa wurden Zeitungen zur Unterlassung aufgefordert, obwohl es hieß, man werde nicht versuchen die Berichterstattung zu unterbinden.

  • Ich find die Aussage der "emotionalen Verwahrlosung", "Mitläufertum" und dergleichen zu hart muss ich sagen, insbesondere wenn noch keine Rechtssprechung vorliegt. Ich bin zwar angewiedert von den Behauptungen und besorgt von der perversen Konsistenz die sich da zeigt.. aber.

    Wenn ich grademal die Perspektive eines Metalheads auspacken darf: Wenn man keine internationale Reisetätigkeit auf sich nehmen will, hat man bei grossen Bands vielleicht 5 - 10 Chancen in seinem Leben diese Band live zu sehen, Tendenz eher nach unten. Wenn man die "Prime Time" erwischen will, nochmal weniger. Viele Bands touren alle 2-3 Jahre, und damit reden wir bereits über einen Zeitraum von 5 - 15 Jahren. Obendrauf kommt dann noch das Problem dass derartige Konzerte oder Festivals echt teuer werden - und Karten sind oft extrem schnell weg. Sure, auf Wacken kannste die Band halt sehen, aber das kost dich inzwischen halt 300 Euro und die Tickets sind in ein paar Stunden komplett weg. Tickets für einzelne Konzerte erreichen mitunter auch fast dreistellige Bereiche. Und das Geld ist bereits bezahlt und in den Taschen von Rammstein und Label, meistens 6 - 12 Monate im Vorraus.

    Sorry, aber da macht man es sich mit "Geht doch einfach nicht zu der Band hin (die einen mitunter auch durch emotional tiefe Zeiten getragen hat, oder anderweitig wichtig im Leben war oder ist)" schon einfach. Impulsiv gesprochen, Klimawandel ist halt auch einfach - muss doch einfach niemand mehr Fleisch essen. Thema durch, genauso einfach.

    Und ich sage das, obwohl ich persönlich der Meinung bin, dass sich in der Situation meiner Wahrnehmung nach eine sehr perfide und perverse Konsistenz des Vorgehens abzeichnet. Und obwohl es mich auch ankotzt, dass sowohl einige Leute das behauptete Verhalten zu stark normalisieren ("haha, ist ja sex drugs and rock an roll". Nein, behauptete Dinge die an organisierte Vergewalting grenzen sind etwas anderes), oder die anfangen die komplette Metalszene in den Dreck zu ziehen ("das passiert ja überall, ist doch normal". Nein, definitiv nicht).

    Und ich kenne auch einige Fans, die planen Rammstein nicht mehr weiter zu hören, wenn sich die Nachweise erhärten. Unschuldsvermutung und so, auch wenn sie mitunter schwer ist.

  • Meine Meinung ist eine etwas andere: Ich muss nicht zu allem eine (ausgeprägte) Meinung haben. Hat Til seinen Status ausgenutzt, um (ungewollten?) Sex mit Frauen zu haben? Keine Ahnung, vermutlich.

    Aber ehrlich gesagt geht mich das nichts an und würde nicht überall 24/7 Medientumult sein würd' ich davon nichts wissen. Ich sag nicht, dass es nicht verwerflich ist, aber ich denke Menschen sollten wieder lernen, sich nicht mit allem gleichzeitig beschäftigen zu wollen. Ich bekomme das nebenbei mit, genau so wie der Löwin in Berlin oder dass Erdogan den Leitzins senkt, ich nehme es auch wahr, aber es interessiert mich nicht. Nicht alles muss mich interessieren. Ich habe mein eigenes Leben zu leben, Freunde und Familie, die mir viel näher stehen als diese Personen, um die ich mich lieber kümmere.

    Mag ich die Musik trotzdem? Ja, also höre ich sie weiter. Ist Elon Musk ein Idiot? Definitiv, Twitter nutze ich trotzdem weiter, so lange ich Nutzen daraus ziehen kann und danach nicht mehr.

    Wir sollten so ehrlich zu sein, zuzugeben, dass diese Dinge uns nur sehr peripher beeinflussen. Wenn man ernsthaft glaubt, sich um all diese Dinge ernsthaft kümmern zu müssen - das geht in meinen Augen in Richtung Social Media-Psychose.

    • Ich finde es ist wichtig solche Themen wie die Lindemann-Vorwürfe zu diskutiert und nicht einfach unter den Teppich zu kehren. Wenn an den Vorwürfen was dran ist, geht es dich als Konsument sehr wohl etwas an, denn nur durch die Fans haben Idole Macht und somit auch die Möglichkeit diese Macht zu missbrauchen.

      Ja, wir können und müssen uns nicht mit allen Themen bis ins Detail beschäftigen. Besonders in der heutigen Zeit in der eine meidale Reizüberflutung herrscht, ist es schwer unsere geistigen Filter richtig einzustellen. Ich finde "es interessiert mich nicht" ist da nicht eine gute Lösung, wir müssen uns auch mit Themen auseinandersetzen die uns unangenehm sind.

    • Toll für dich, dass dich Sexismus nicht zu beeinflussen scheint. Aber sehr viele andere Menschen haben nicht den Luxus, sich um sowas nicht kümmern zu müssen. Mir ist natürlich bewusst, dass Til Lindemann mich nicht direkt beeinflusst, aber die gesellschaftliche Verhandlung darüber, wie wir miteinander umgehen halt schon. Wenn von Gesetzesgebenden, Gerichten, Medien, etc solche in der breiten Öffentlichkeit verhandelte (sind ja auch sonst in der Öffentlichkeit auftretende Personen) einfach so davonkommen lassen oder ignorieren würden, dann würde das das gesellschaftliche Klima auch negativ beeinflussen. Es waren jahrzehntelange Kämpfe um gleiche Rechte, die so eine gesellschaftliche Verhandlung überhaupt erst möglich gemacht haben.

      Aber ja, ist halt dein Privileg sich davon nicht betroffen zu fühlen... :/

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