100km/h Tempolimit auf Autobahnen
Nein, denn der Nutzen eines Tempolimits ist marginal wenn wir dort hingekommen sind, wo ich hinwill. Als potentieller Regierungschef würde ich mich hinstellen und nicht nur eine tempolimitfreie Autobahn garantieren, sondern explizit meine politische Zukunft daran knüpfen. Stattdessen würde ich Maßnahmen ergreifen, die zu einer erheblichen Reduktion des Autobesitzes in Städten führen. Ohnehin wäre blühende Städte das Leitmotiv meiner Regierung: durch Stärkung der kommunalen Kompetenzen und Finanzen auf der einen Seite und durch ein nationales Wohnraumnotprogramm würde ich die Urbanisierung Deutschlands nach vorne katapultieren, statt weiter Geld im Hinterland zu versenken. Wer nur noch von Stadt zu Stadt fährt, braucht kein Auto mehr. Tempolimit auf Autobahnen ist deswegen ein völlig irrelevantes Problem. Das Problem ist die derzeit starke Nutzung der Autobahnen durch die derzeit starke Zersiedelung des Landes.
9€-Ticket
Nein, denn Mobilität kostet Geld. Statt Mobilität zu vergünstigen und damit Nachfrage zu erzeugen, muss das Angebot verbessert werden. Den Kostenfaktor aus der Mobilität herauszunehmen, führt zu einem Free-Rider-Problem und treibt allerlei unerwünschte Blüten: So wissen wir aus Experimenten in der Realität, dass bei kostenlosem Nahverkehr - und das ist das 9€-Ticket de facto - plötzlich Strecken gefahren werden, die zuvor gelaufen oder geradelt wurden. Wir wissen außerdem vom 9€-Ticket, dass es de facto und nachvollziehbarerweise als Fernverkehr missbraucht wird. Da wäre es doch sinnvoller, den Fernverkehr direkt zu fördern. Eine sinnvolle Verkehrspolitik unterscheidet daher zwischen innerstädtischer, innerregionaler und interstädtischer Mobilität und hält für eine für die Anforderungen der jeweiligen Domäne passende Lösungen parat. Statt es also zu ermöglichen, für 9€ den Nahverkehr als Fernverkehr zu missbrauchen, sollte der Fernverkehr dahingehend gefördert werden, dass es konstant möglich ist, eine Einzelfahrt für 30€ durch ganz Deutschland zu kaufen. Diskriminiert werden sollte da höchstens nach Hauptverkehrszeiten (Morgens, Abends, Feiertags, Ferienanfang und -Ende) und es sollte wenn überhaupt dann nur moderate Spontanitätsaufschläge geben - 100€ für spontan durch Deutschland darf nicht sein. Statt die Monatsbeiträge auf innerstädtischen Nahverkehr abzuschaffen, sollte das Angebot flexibler werden: wichtige Verbindungen die ganze Nacht hindurch fahren lassen. Für Großstädte die Verbindungen nicht sternförmig auf ein Zentrum zusammenbündeln, sondern ein polyzentrisches Nahverkehrsnetz, das den Namen Netz verdient hat, organisieren. Glasklar ist auch, dass das Fahrrad endlich mal als Verkehrsträger der Zukunft gefördert werden muss und zwar auf städtischer und regionaler Ebene. Im Grunde muss jede Stadt im Umkreis von 20km mit dem Fahrrad auf einem perfekt asphaltierten, breit ausgebauten, geraden und bestenfalls ebenerdigen Schnellweg erreichbar sein.
Gesellschaftsrat Klima
Ergibt für mich irgendwie gar keinen Sinn. Warum nicht einfach einen thematisch offenen Gesellschaftsrat? Das Konzept vom Gesellschaftsrat finde ich nämlich prinzipiell sehr überzeugend. Ein starker Gesellschaftsrat, der als zufällig zusammengesetztes Volksgremium die Politik beaufsichtigt, könnte zu einer Wiederversachlichung der Politik führen und die Akzeptanz und das Verständnis für dringende Probleme erhöhen.
Die letzte Generation mag also im politischen Detail ziemlich daneben liegen. Grundsätzlich haben sie aber schon recht und sind für mich absolute Helden, die sich unter Einsatz ihrer Freiheit und körperlichen Unversehrtheit dem Auto-Wahnsinn entgegenstellen. Sie verstehen es zwar nicht ganz und machen es aus den falschen Gründen (Aufmerksamkeit statt Zeitpreis fürs Autofahren erhöhen), aber sie setzen dabei auch an genau der richtigen Stelle an: Dem Autoverkehr. Auch wenn der nur ein Symptom für die fehlgeleitete Wohnpolitik ist, ist das einfach der Punkt, wo sie besonders sichtbar zu Tage tritt.